Windpocken: Ursachen, Symptome, Behandlung und Prävention

Krankheiten und Krankheitsbilder

Dirk de Pol, aktualisiert am 19. Juli 2023, Lesezeit: 9 Minuten

Die Windpocken oder Varizellen (auch Varicellen genannt) sind eine ansteckende Infektionskrankheit, die durch das Varizella-Zoster-Virus verursacht wird und durch Tröpfcheninfektion übertragen wird.

  • Andere Namen für Windpocken sind Wasserpocken, Spitzblattern, Spitze Blattern, Wilde Blattern, Feuchtblattern (insbesondere in Österreich), Schafplattern oder Schafblattern.
  • Der Begriff „Windpocken“ basiert auf der Übertragung der Krankheit durch den „Wind“ (die Viren können auch über kurze Entfernungen in der Luft übertragen werden).
  • Die Windpocken sind von den Pocken (Variola), einer gefährlichen Infektionskrankheit, die durch Viren der Gattung Orthopoxvirus verursacht wird, zu unterscheiden.

Einordnung der Windpocken

Die Windpocken betreffen hauptsächlich Kinder im Vorschulalter und führen in den meisten Fällen zu einer lebenslangen Immunität, weshalb sie auch zu den Kinderkrankheiten gezählt werden.

Die Symptome umfassen hauptsächlich Fieber und einen charakteristischen juckenden Hautausschlag mit wasserklaren Bläschen. Es können auch Komplikationen auftreten, wie Kleinhirn- oder Hirnentzündungen, Lungenentzündung oder bakterielle Infektionen der Haut.

Da es sich um eine Virusinfektion handelt, ist die Behandlung in der Regel symptomatisch. In besonderen Fällen, wie bei immungeschwächten Patienten, kann eine antivirale Therapie eingesetzt werden. Nachdem die Krankheitszeichen abgeklungen sind, verbleiben die Varizella-Viren in den Spinal- oder Hirnnervenganglien und können später als Gürtelrose (Herpes Zoster) reaktiviert werden.

Zur Vorbeugung gibt es eine Impfung, die seit Juli 2004 in Deutschland allgemein empfohlen wird. Seit August 2006 ist auch ein Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken erhältlich. Eine Postexpositionsprophylaxe mit passiver Immunisierung oder antiviralen Medikamenten ist ebenfalls möglich.

Ursachen von Windpocken

Die Windpocken werden durch das Varizella-Zoster-Virus (VZV) verursacht, das durch Tröpfcheninfektion von einer infizierten Person auf andere übertragen wird. Das Virus ist hoch ansteckend und wird hauptsächlich durch direkten Kontakt mit den Bläschen oder durch die Luft übertragen. Das VZV ist ein behülltes DNA-Virus und gehört zur Familie der Herpesviren. Es ist weltweit verbreitet und wird vor allem während der Kindheit übertragen.

Windpocken sind ab dem zweiten Tag vor dem Auftreten des Hautausschlags ansteckend und bleiben dies für fünf bis zehn Tage nach dem ersten Auftreten der Bläschen oder bis zur Verkrustung des letzten Bläschens. Die Annahme, dass die Ansteckungsfähigkeit bis zum Abfallen der letzten Kruste anhält, gilt als veraltet.

Während dieser Zeit sollte die erkrankte Person keinen Kontakt zu anderen Menschen haben, insbesondere nicht zu gefährdeten Personen wie Immungeschwächten (bei Cortisonbehandlung, AIDS, Krebspatienten, Neurodermitis-Patienten, ältere Menschen) oder Frauen, die sich in der 8. bis 21. Schwangerschaftswoche befinden, da dies eine Gefahr für das ungeborene Kind und auch für die Mutter darstellen kann.

Eine Windpockeninfektion bei der Mutter zwischen sieben Tagen vor und drei Tagen nach der Entbindung kann tödlich verlaufen (siehe auch Windpocken in der Schwangerschaft).

Ein Nestschutz bei Neugeborenen und Säuglingen, der durch übertragene IgG-Antikörper immuner Mütter entsteht, besteht sicherlich für drei Monate. Danach nimmt die Anfälligkeit der Kinder zu, und ab dem sechsten Lebensmonat besteht kein Nestschutz mehr. Ab dem neunten Monat kann eine Impfung durchgeführt werden.

Symptome von Windpocken

Windpocken treten typischerweise bei Kindern auf, wobei die ersten Anzeichen einer Infektion zwischen 10 und 21 Tagen (häufig zwischen 14 und 17 Tagen) auftreten können. Mögliche Symptome sind mildes, kurzzeitiges Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Bereits am Folgetag können kleine rote Flecken im Bereich des Rumpfes, des Gesichts, des behaarten Kopfes und später auch an den Gliedmaßen sichtbar werden, die gelegentlich jucken.

Diese Flecken verwandeln sich innerhalb von Stunden oder maximal Tagen in kleine Knoten, die in der Mitte reiskornähnliche Bläschen aufweisen. Bei manchen Kindern können auch Schleimhäute im Mund, in der Nase, den Augen sowie die Haut der Genitalien und des Afters betroffen sein. Wenn diese Bläschen platzen, bildet sich eine hellbraune Kruste.

Da die Hautläsionen nicht gleichzeitig auftreten, findet man zu jedem gegebenen Zeitpunkt eine Vielzahl von Hauterscheinungen, die oft als „Sternenhimmel“ bezeichnet werden. Dieses Erscheinungsbild ermöglicht eine Blickdiagnose. Die Krankheit ist normalerweise mild und dauert drei bis fünf Tage [1]. Solange das Kind nicht kratzt und die Hautläsionen auf die Epidermis begrenzt bleiben, fallen die Krusten ohne Narbenbildung ab.

In der Regel erkrankt eine Person nur einmal im Leben an Windpocken, da sie nach der Krankheit immun wird. Ausnahmen sind möglich, vor allem wenn die ersten Windpocken-Erkrankungen mild verlaufen und sehr früh in der Kindheit auftreten, sodass nicht genug Antikörper gebildet werden.

Windpocken bei Erwachsenen

Eine Erstinfektion mit dem Varizella-Zoster-Virus im Erwachsenenalter ist aufgrund der hohen Durchimpfungsrate eher selten und verläuft meist schwerer als bei Kindern. Hierbei können ernstere Komplikationen wie Meningoenzephalitis (Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten), Lungenentzündung und Leberentzündung auftreten.

  • Bei Erwachsenen können deutlich mehr Hautläsionen entstehen, die den gesamten Rumpf, den behaarten Kopf, das Gesicht, die Beine, die Arme und die Genitalien betreffen können.

Komplikationen und Vorbeugung

Etwa 5,7% aller Windpockenfälle führen zu mehr oder weniger schweren Komplikationen. Die Hospitalisierungsrate ist dank der Impfprogramme jedoch relativ niedrig: In Deutschland werden pro Jahr nur 2,5 bis 7 von 100.000 Einwohnern wegen Varizellen ins Krankenhaus eingeliefert.

Windpocken in der Schwangerschaft

Nur etwa 3-4% aller Frauen im gebärfähigen Alter weisen keine Antikörper gegen das Varizella-Zoster-Virus auf und sind daher anfällig für die Krankheit. Daher treten Windpocken in der Schwangerschaft selten auf, etwa bei 1-7 Fällen pro 10.000 Schwangerschaften. Aufgrund der möglichen schwerwiegenden Folgen für die schwangere Frau und das ungeborene Kind verdienen sie jedoch besondere Aufmerksamkeit.

Die Verbreitung von Windpocken ist eine ernste Angelegenheit, die Kenntnis der Symptome, des Verlaufs und der Komplikationen erfordert. Durch diesen umfassenden Leitfaden sind Sie besser gerüstet, um die Krankheit zu erkennen und angemessen zu reagieren.

Behandlung von Windpocken

Die Behandlung von Windpocken konzentriert sich in der Regel auf die Linderung der Symptome, da es sich um eine Virusinfektion handelt. In den meisten Fällen heilen die Windpocken von selbst aus. Es ist jedoch wichtig, den Juckreiz zu kontrollieren, um Infektionen durch Kratzen zu vermeiden.

Kühlende Lotionen und Medikamente gegen Juckreiz können helfen, die Beschwerden zu lindern. Bei schweren Fällen oder bei immungeschwächten Patienten können antivirale Medikamente verschrieben werden. Es ist wichtig, ausreichend Ruhe und Flüssigkeitszufuhr zu gewährleisten, um den Genesungsprozess zu unterstützen.

Prävention von Windpocken

Die beste Methode, um Windpocken zu vermeiden, ist die Impfung. Die Impfung gegen Windpocken wird in vielen Ländern empfohlen und ist sicher und effektiv. Die Impfung schützt vor einer Infektion und kann auch dazu beitragen, schwere Verläufe der Krankheit zu verhindern. Eine vollständige Impfung besteht aus zwei Dosen, die im Kindesalter verabreicht werden.

Die Impfung wird auch für Jugendliche und Erwachsene empfohlen, die keine Windpocken hatten oder nicht geimpft wurden. Eine gute Hygiene, wie regelmäßiges Händewaschen und das Abdecken von Mund und Nase beim Husten oder Niesen, kann ebenfalls dazu beitragen, die Ausbreitung der Krankheit zu reduzieren.

Der Varizella-Zoster-Impfstoff basiert auf abgeschwächten Viren, die sich im Körper des Geimpften vermehren können. Die Verabreichung des Impfstoffs ist je nach Herstellerempfehlungen ab einem Alter von neun oder zwölf Monaten möglich.

Kinder, die jünger als 13 Jahre alt sind, erhalten in der Regel eine einzige Injektion. Hingegen ist für Kinder ab dem 13. Lebensjahr, Erwachsene und Säuglinge, die ihre erste Impfung vor dem vollendeten zwölften Monat erhalten haben, eine zweite Dosis nach einem Mindestintervall von sechs Wochen erforderlich.

Immunität und Schutzwirkung des Impfstoffs

Etwa drei bis fünf Wochen nach der finalen Injektion bildet der Körper eine Immunität aus. Eine doppelte Impfung steigert den Impfschutz erheblich – von 72% auf über 90%.

Seit August 2006 ist in Deutschland ein Vierfachimpfstoff gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMRV) zugelassen und allgemein verfügbar. Dieses Präparat ist für Kinder zwischen 9 Monaten und 12 Jahren zugelassen und erfordert zwei Impfungen.

Seit September 2011 empfiehlt die STIKO am RKI, bei der ersten Impfung gegen Varizellen nicht den Vierfachimpfstoff zu verwenden. Stattdessen wird geraten, die Impfung gegen Windpocken separat von jener gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) durchzuführen.

Vergleichsstudien haben gezeigt, dass bei der ersten Impfung mit dem MMRV-Kombinationsimpfstoff 5–12 Tage nach der Impfung mehr Fieber auftrat im Vergleich zur gleichzeitigen Verabreichung von MMR und Windpocken-Impfstoff an zwei unterschiedlichen Impfstellen. Die zweite Impfung gegen MMRV kann jedoch mit einem Kombinationsimpfstoff durchgeführt werden, hierbei wurden keine Unterschiede hinsichtlich der Fieberentwicklung festgestellt [6].

Fazit

Windpocken sind eine hochansteckende Infektionskrankheit, die vor allem Kinder betrifft. Obwohl die meisten Infektionen unkompliziert verlaufen, können Komplikationen auftreten. Die beste Methode, um Windpocken zu vermeiden, ist die Impfung, die sicher und effektiv ist. Eine rechtzeitige Diagnose und angemessene Behandlung der Symptome sind wichtig, um den Krankheitsverlauf zu erleichtern.

Durch Präventionsmaßnahmen wie Impfungen und gute Hygienepraktiken können wir dazu beitragen, die Ausbreitung von Windpocken einzudämmen und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

 

Quellen

  1. Robert Koch-Institut. Windpocken – Epidemiologie und Impfstrategien. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Windpocken/Windpocken.html
  2. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Infektionskrankheiten A-Z: Windpocken. https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/windpocken/
  3. Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Windpocken (Varizellen). https://www.derma.de/patienten/krankheiten-der-haut/windpocken-varizellen/
  4. Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. Windpocken – Informationen für Eltern. https://www.kinderaerzte-im-netz.de/krankheiten/windpocken/
  5. Mayo Clinic. Chickenpox (Varicella). https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/chickenpox/symptoms-causes/syc-20351282
  6. Zur Kombinationsimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen (MMRV). In: Robert Koch-Institut (Hrsg.): Epidemiologisches Bulletin. Nr. 38, 26. September 2011, S. 352–353.

Dieser Beitrag wurde auf der Grundlage wissenschaftlicher Fachliteratur und fundierter empirischer Studien und Quellen erstellt und in einem mehrstufigen Prozess überprüft.

Wichtiger Hinweis: Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

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