Schleimhautmikroben beeinflussen entzündliche Darmerkrankungen

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Medizin Doc Redaktion, Veröffentlicht am: 19.02.2024, Lesezeit: 4 Minuten

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED), einschließlich Morbus Crohn (CD) und Colitis ulcerosa (UC), sind chronisch entzündliche Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Die Pathogenese der CED beruht auf einem komplexen Zusammenspiel von genetischen und Umweltfaktoren, der Darmmikrobiota und dem Immunsystem des Wirtes. Störungen der Wirt-Mikroben-Interaktionen auf der Schleimhautebene spielen eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten von CED. Das Verständnis dieser Interaktionen kann wertvolle Einblicke in die der CED zugrunde liegenden Mechanismen liefern und die Entwicklung gezielter Therapien unterstützen.

Die Studie

Eine kürzlich in Nature Communications veröffentlichte Studie mit dem Titel „Mucosal host-microbe interactions associate with clinical phenotypes in inflammatory bowel disease“ von Hu et al. (2024) zielte darauf ab, die Wechselwirkungen zwischen der mukosalen Genexpression und der Mikrobiota bei Patienten mit IBD umfassend zu untersuchen. Die Forscher führten transkriptomische (RNA-seq) und mikrobielle (16S-rRNA-seq) Profilerstellung von 697 Darmbiopsien durch, darunter 645 von 335 Patienten mit IBD und 52 von 16 Kontrollpersonen ohne IBD.

Ergebnisse

Die Studie enthüllte mehrere wichtige Erkenntnisse über die Interaktionen zwischen Wirt und Mikroben in der Schleimhaut bei CED. Die Forscher fanden heraus, dass die Genexpressionsmuster in der Schleimhaut bei CED in erster Linie durch die Lage des Gewebes und die Entzündung bestimmt werden. Andererseits wies die Zusammensetzung der mukosalen Mikrobiota ein hohes Maß an individueller Spezifität auf.

Durch die Analyse der Transkript-Bakterien-Interaktionen identifizierten die Forscher sechs verschiedene Gruppen von entzündungsbezogenen Signalwegen, die mit der Darmmikrobiota in Verbindung stehen. So wurde beispielsweise festgestellt, dass eine größere Menge an Bifidobakterien mit einer höheren Expression von Genen verbunden ist, die am Fettsäurestoffwechsel beteiligt sind. Umgekehrt korrelierte die Anwesenheit von Bacteroides mit einer erhöhten Metallothionein-Signalisierung.

Die Studie zeigte auch kontextspezifische Wechselwirkungen zwischen der mukosalen Mikrobiota und der Genexpression des Wirts. Bei Patienten mit Fibrostenose war ein Transkriptionsnetzwerk, das von immunregulatorischen Genen dominiert wurde, mit Lachnoclostridium-Bakterien in nicht-stenotischem Gewebe assoziiert. Bei Patienten mit CD ohne Fibrostenose war dieser Zusammenhang nicht vorhanden. In ähnlicher Weise war bei Patienten, die TNF-α-Antagonisten verwendeten, ein Transkriptionsnetzwerk, das von Genen des Fettsäurestoffwechsels dominiert wurde, mit Ruminococcaceae-Bakterien verbunden.

Außerdem wurde festgestellt, dass die Zusammensetzung der mukosalen Mikrobiota mit der Anreicherung von Darmepithelzellen, Makrophagen und NK-Zellen korreliert. Diese Ergebnisse unterstreichen die komplexen Wechselwirkungen zwischen der Mikrobiota und verschiedenen Komponenten des Wirtsimmunsystems im Zusammenhang mit CED.

Implikationen

Die Studie von Hu et al. bietet überzeugende Einblicke in die mukosalen Wirt-Mikroben-Interaktionen bei CED. Die Identifizierung spezifischer Gen-Mikroben-Assoziationen und das Verständnis kontextspezifischer Interaktionen können erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung einer auf Mikrobiota ausgerichteten Präzisionsmedizin haben.

Durch die gezielte Beeinflussung bestimmter mikrobieller Taxa oder Stoffwechselwege könnte es möglich sein, den Krankheitsverlauf zu modulieren und die Ergebnisse für Patienten mit CED zu verbessern.

Diese Befunde untermauern auch die Gründe für auf die Mikrobiota ausgerichtete Therapeutika als Strategie zur Veränderung des Krankheitsverlaufs bei CED. Durch Manipulation der Zusammensetzung und Funktion der Darmmikrobiota könnte es möglich sein, die gestörten Wirt-Mikroben-Interaktionen wiederherzustellen und die mit CED verbundenen Entzündungsprozesse zu lindern.

Schlussfolgerung

Die Studie von Hu et al. wirft ein Licht auf die komplizierten Wechselwirkungen zwischen Wirt und Mikroben in der Schleimhaut bei entzündlichen Darmerkrankungen. Durch die Untersuchung des Zusammenspiels zwischen der Genexpression in der Schleimhaut und der Mikrobiota konnten die Forscher spezifische Gen-Mikroben-Assoziationen und kontextspezifische Interaktionen identifizieren. Diese Erkenntnisse sind von großer Bedeutung für die Entwicklung gezielter Therapien und einer auf die Mikrobiota ausgerichteten Präzisionsmedizin bei CED. Weitere Forschungen auf diesem Gebiet werden die Komplexität der Wirt-Mikroben-Interaktionen weiter entschlüsseln und den Weg für innovative Ansätze zur Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen ebnen.

Quellen und weiterführende Informationen

  1. Hu, S., Bourgonje, A.R., Gacesa, R. et al. Mucosal host-microbe interactions associate with clinical phenotypes in inflammatory bowel disease. Nat Commun 15, 1470 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-45855-2
  2. Chronisch-entzündliche_Darmerkrankungen, Wikipedia, 2024.

ddp


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