Fruchtbarkeit und Spermienzahl verbessern – ein Studienüberblick

Ernährung und Gesundheit, Gesundheitsnews, Medizin und Forschung

Dirk de Pol, aktualisiert am 18.12.2023, Lesezeit: 8 Minuten

Der Weltgesundheitsorganisation zufolge liegt eine gesunde Spermienzahl bei 15 Millionen pro Milliliter (ml) beziehungsweise mindestens 39 Millionen pro Ejakulat. Eine Spermienzahl von weniger als 15 Millionen pro ml kann zu Fruchtbarkeitsproblemen führen.

  • Faktoren, die den Spiegel des Hodenhormons beeinflussen, haben den größten Einfluss auf die Anzahl und Qualität der Spermien.

Bestimmte Erkrankungen – darunter vererbte genetische Störungen, Infektionen und Tumore – können sich ebenfalls auf die Spermienzahl auswirken. (siehe dazu: Omu A.E., Sperm Parameters: Paradigmatic Index of Good Health and Longevity, Medical Principles and Practice)

Einige Naturheilmittel und gesunde Lebensgewohnheiten können jedoch die Hormone unterstützen, die die Produktion der Spermien steuern. Dies kann die gesunde Entwicklung der Spermien fördern und die Spermienzahl deutlich verbessern.

Welche natürlichen Heilmittel verbessern die Spermienzahl?

Seit mehreren Jahrzehnten gehen die Qualität der Spermien und die Fruchtbarkeitsrate in den meisten westlichen Ländern zurück. Laut der Oxforder Studie Temporal trends in sperm count: a systematic review and meta-regression analysis aus dem Jahr 2017 ist die Spermienzahl in Nordamerika, Europa, Australien und Neuseeland zwischen 1973 und 2011 um knapp 60 Prozent gesunken.

  • Die Gründe dafür sind bis heute noch immer nicht vollständig aufgeklärt worden. Auch die Erforschung von Ansätzen, die eine niedrige Spermienzahl zuverlässig umzukehren, ist noch nicht abgeschlossen.

Seit Tausenden von Jahren finden jedoch verschiedene natürliche Mittel zur Erhöhung der Spermienzahl und zur Verbesserung der Spermiengesundheit Anwendung. Die meisten dieser Mittel können die Spermienzahl tatsächlich in gewissem Umfang beeinflussen, vermuten einige Forscher.

Ausreichend Bewegung

Zwar deuten mehrere Studien darauf hin, dass eine Gewichtsabnahme und sportliche Betätigung bei Menschen mit Übergewicht oder Adipositas zu einer verbesserten oder erhöhten Spermienzahl führen kann, doch der wissenschaftliche Zusammenhang zwischen einem gesunden Body-Mass-Index (BMI) und einer gesunden Spermienzahl ist jedoch bis heute noch relativ schwach.

Eine Studie aus dem Jahr 2017 untersuchte die Vorteile eines 16-wöchigen Aerobic-Programms mit mindestens drei 50-minütigen Trainingseinheiten pro Woche. Die Teilnehmer erreichten 50 bis 65 Prozent ihrer maximalen Herzfrequenz. In der Studie erhöhte regelmäßige Bewegung die Spermienzahl und -beweglichkeit bei 45 Männern mit Übergewicht und sitzender Lebensweise.

Quelle

Rosety, Miguel Ángel et al.: Exercise improved semen quality and reproductive hormone levels in sedentary obese adults. Nutrición Hospitalaria, May(2017).

Ausreichend Schlaf

Die Metaanalyse Impact of Circadian Desynchrony on Spermatogenesis aus dem Jahr 2021 zeigte einen klaren Zusammenhang zwischen der Schlafdauer und der Qualität von Sperma.

Männern, die zwischen 8 und 8,5 Stunden pro Tag schliefen, wiesen eine bessere Samenqualität (Spermavolumen, -konzentration und -gesamtanzahl) auf. Männer, die weniger als 6 Stunden pro Tag und mehr als 9 Stunden pro Tag schliefen, hatten ein geringeres Spermavolumen von 12 Prozent bzw. 4Prozent.

Männer, die weniger als 6 Stunden pro Tag schliefen, hatten eine um 4,4 Prozent beziehungsweise 5 Prozent geringere Gesamt- und progressive Spermienmotilität. Darüber hinaus wiesen Männer mit einer schlechten Schlafqualität eine geringere Gesamtspermienzahl, Gesamtbeweglichkeit und progressive Beweglichkeit von 8 Prozent, 3 Prozent beziehungsweise 4 Prozent auf.

Vitamin D nehmen

In der 2019 durchgeführten Metaanalyse The association between serum vitamin D, fertility and semen quality: A systematic review and meta-analysis zeigte sich ein klarer Zusammenhang zwischen einer verbesserten Fruchtbarkeit bei männlichen Studienteilnehmern und einem höheren Vitamin-D-Spiegel im Blut.

  • Lebensmittel mit hohem Vitamin-D-Gehalt sind Fisch, Avocados, Eier, Morcheln, Champignons und Steinpilze.

Ashwagandha einnehmen

Ashwagandha, oder indischer Ginseng, spielt in der traditionellen Medizin seit langem eine Rolle als Mittel gegen verschiedene Formen sexueller Funktionsstörungen.

Eine indische Studie aus dem Jahr 2013 ergab, dass 46 Männer mit niedriger Spermienzahl, die 90 Tage lang täglich 675 Milligramm Ashwagandha einnahmen, einen Anstieg ihrer Spermienzahl um 167 Prozent verzeichneten.

Bockshornklee hilft

Bockshornklee wird seit langem als natürliches Heilmittel für schlechte Spermien verwendet, und Befürworter vermuten, dass er zur Verbesserung der Spermienzahl beitragen kann. In einer Studie aus dem Jahr 2017 wurde festgestellt, dass Nährungsergänzungen mit Bockshornkleesamen die allgemeine Samenqualität und die Spermienzahl deutlich verbessern.

Tomaten helfen

Mit einer Nährstoffverbindung, die in Tomaten enthalten ist, lässt sich nachweislich die Spermienqualität verbessern. Männer, die ein Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Lacto-Lycopin einnahmen, hatten fast 40 Prozent mehr „schnell schwimmendes“ Sperma bei gleichzeitiger Verbesserung der Größe und Form der Spermien.

Laut einer Studie der University of Sheffield kann die Spermienqualität mit einem Nahrungsergänzungsmittel verbessert werden, das Lycopin enthält und in hoher Konzentration in Tomaten enthalten ist.

Antioxidantienreiche Lebensmittel essen

Antioxidantien tragen dazu bei, zellschädigende Verbindungen, so genannte freie Radikale, zu deaktivieren. Mehrere Vitamine und Mineralien wirken als Antioxidantien, und einige Studien haben die Einnahme von Antioxidantien mit einer erhöhten Spermienzahl in Verbindung gebracht.

Dem Bericht Dietary Antioxidant Intake in Relation to Semen Quality Parameters in Infertile Men: a Cross-Sectional Study aus dem Jahr 2019 zufolge tragen folgende Antioxidantien zu einer gesunden Spermienzahl bei:

  • Beta-Carotin
  • Beta-Cryptoxanthin
  • Lacto-Lycopin
  • Lutein
  • Vitamin C

Gute Vitamin-C- und somit Antioxidantien-Quellen sind Zitrusfrüchte, Kiwi, Erdbeeren, Johannisbeeren, Hagebutten, Sanddorn, Spinat, Papaya, Fenchel, Grünkohl und Paprika.

Genügend Folsäure und Zink erhalten

Eine Studie aus dem Jahr 2017 deutet darauf hin, dass die kombinierte Einnahme von Folsäure und Zink die allgemeine Gesundheit der Spermien, einschließlich Konzentration und Anzahl, verbessern kann. Gute Lieferanten von Folsäure und Zink sind zum Beispiel grünes Gemüse, insbesondere grünes Blattgemüse wie Spinat und Salate, Tomaten, Hülsenfrüchte, Nüsse, Orangen, Sprossen, Weizenkeime und Vollkornprodukte sowie Kartoffeln, Leber und Eier.

Erhöhung der Aufnahme gesunder Fette

Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren sind entscheidend für die gesunde Entwicklung von Spermien. Die 2019 durchgeführte Metaanalyse The Effect of Omega-3 Fatty Acids, EPA, and/or DHA on Male Infertility ergab, dass Männer mit Unfruchtbarkeit, die Omega-3-Fettsäuren zu sich nahmen, eine signifikante Verbesserung der Spermienmotilität und -konzentration erfuhren, verglichen mit Männern, die keine Omega-3 einnahmen.

Für eine gute Omega 3 Versorgung eignen sich fetter Fisch (ein- bis zweimal pro Woche Makrele, Hering und Lachs.), Rapsöl, Leinöl sowie auch Leinsamen, Walnüsse und Hanf. Gleichzeitig sollte man die Zufuhr an Omega 6 verringern und Maiskeim-, Sonnenblumen- und Distelöl sowie tierische Fette nur in Maßen zu sich nehmen.

Was sollte vermeiden werden, um die Spermienzahl zu verbessern?

Verschreibungspflichtige Medikamente vermeiden

Einige verschreibungspflichtige Medikamente können die gesunde Spermienproduktion verringern. Sobald der Mann die Medikamente abgesetzt hat, sollte sich die Spermienzahl jedoch wieder normalisieren oder erhöhen.

Zu den Medikamenten, die die Produktion und Entwicklung von Spermien vorübergehend verringern können, gehören:

  • Antibiotika
  • Anti-Androgene
  • Entzündungshemmer
  • Antipsychotika
  • Opiate
  • Antidepressiva
  • exogenes oder zusätzliches Hodenhormon

Das Rauchen aufgeben

Die Metaanalyse Cigarette Smoking and Semen Quality (2016), in der die Ergebnisse von mehr als 20 Studien ausgewertet wurden, ergab, dass Rauchen die Spermienzahl durchweg verringert. Die Forscher stellten fest, dass Personen, die mäßig oder stark rauchten, eine schlechtere Spermienqualität hatten als Personen, die weniger stark oder gar nicht rauchten.

Alkohol- und Drogenkonsum vermeiden

In dem Bericht Smoke, alcohol and drug addiction and male fertility aus dem Jahr 2018 wird ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Alkohol und harten Drogen und einer verminderten Spermienproduktion hergestellt. Weitere Untersuchungen dazu sind allerdings noch erforderlich.

Auch der Alkoholkonsum von Frauen wird mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit von Schwangerschaften in Verbindung gebracht, wenn der wöchentliche Alkoholkonsum mehr als 84 Gramm (etwa sieben durchschnittliche alkoholische Getränke) betrug.

Auch bei Männern war der Alkoholkonsum mit einer geringeren Lebendgeburtenrate nach Fruchtbarkeitsbehandlungen bei Frauen verbunden, wenn der wöchentliche Alkoholkonsum mehr als 84 Gramm betrug. Dies ergab eine wissenschaftlichen Analyse, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica veröffentlicht wurde.

Begrenzung der Exposition gegenüber Umwelt- und Berufsschadstoffen

In einer Studie aus dem Jahr 2019 wurde ein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Leben in stark industrialisierten Gebieten mit hoher Luftverschmutzung und einer niedrigeren Spermienzahl hergestellt.

Begrenzung des Verzehrs von Soja und östrogenreichen Lebensmitteln

Einige Lebensmittel, insbesondere Sojaprodukte, enthalten pflanzliches Östrogen. Dies kann die Bindung des Hodenhormons und die Spermienproduktion verringern. So ergab eine 2019 durchgeführte Studie, dass höhere Konzentrationen von pflanzlichem Östrogen im Sperma eine geringere Spermienqualität bedeuten.

Behandlung

Ein Arzt kann Männern mit sehr niedrigen Spermienzahlen und solchen, die zusätzliche gesundheitliche Faktoren oder Überlegungen haben, Medikamente verschreiben, was jedoch im Einzelfall genau abzuklären ist.

Zusammenfassung

Die meisten Studien empfehlen Änderungen des Lebensstils, Ernährungsumstellungen und die Verwendung von Naturheilmitteln, um eine niedrigen Spermienzahl zu verbessern.

  • Die Reduzierung von Transfettsäuren und verarbeiteten Lebensmittel, die Erhöhung der Aufnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren und Vitamin D sowie eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse ist der natürlichste und beste Weg, um die Zahl der Spermien und damit auch die Fruchtbarkeit und Libido des Mannes zu erhöhen.

Der Beitrag beschäftigt sich mit einem medizinischen Thema, einem Gesundheitsthema oder einem oder mehreren Krankheitsbildern. Dieser Artikel dient nicht der Selbst-Diagnose und ersetzt auch keine Diagnose durch einen Arzt oder Facharzt. Bitte lesen und beachten Sie hier auch den Hinweis zu Gesundheitsthemen!

ddp

Prämenstruelle Störungen können Risiko für perinatale Depression erhöhen

Prämenstruelle Störungen können Risiko für perinatale Depression erhöhen

Erfahren Sie, wie perinatale Depression und prämenstruelle Störungen zusammenhängen. Studie liefert neue Erkenntnisse zu diesen Erkrankungen....

Aktiv- und Passivrauchen birgt erhöhtes Risiko für Schlaganfälle

Aktiv- und Passivrauchen birgt erhöhtes Risiko für Schlaganfälle

Rauchen und Schlaganfallrisiko: Entdecken Sie die Verbindung zwischen Tabakrauch und dieser schweren Krankheit. Erfahren Sie mehr....

Depressionen beeinflussen Überlebensrate bei Brustkrebs

Depressionen beeinflussen Überlebensrate bei Brustkrebs

Erfahren Sie mehr über die Auswirkungen von Brustkrebs auf das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität von Frauen....

Neuer Ansatz bei der Fruchtbarkeitsbehandlung

Neuer Ansatz bei der Fruchtbarkeitsbehandlung

Entdecken Sie die Hoffnung bringenden Ergebnisse der Studie zur Fruchtbarkeitsbehandlung und Hormonwiederherstellung....

So wirken Darm-Bakterien bei Adipositas auf den Fettstoffwechsel

So wirken Darmbakterien bei Adipositas auf den Fettstoffwechsel

Erfahren Sie mehr über die Rolle der Darmbakterien bei Fettleibigkeit und deren Einfluss auf den Stoffwechsel des Körpers....